Januar: Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Fürth und ihrer Synagoge

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.
Blick in den Synagogeninnenraum von der Frauenempore Foto: Denise Scheuerer

Unser Interreligiöser Kalender zeigt im Monat Januar die Synagoge in der Stadt Fürth. Die Jüdische Gemeinde vor Ort hat eine bewegte Geschichte, die tief in der Stadtgeschichte verwurzelt ist. Bereits 1440 wurden die ersten jüdischen Einwohner in Fürth erwähnt, und ab 1528 nahm die Gemeinde eine bedeutende Rolle im süddeutschen Raum ein. Trotz mancher Herausforderungen und Verfolgungen über Jahrhunderte hinweg hat die Jüdische Gemeinde Fürth ihre Traditionen bewahrt und ihre religiösen und kulturellen Aktivitäten immer wieder neu belebt.

Der Ursprung des Waisenhauses und der Synagoge

Im Jahr 1763 wurde auf Initiative des aus Prag stammenden Israel Lichtenstaedter das erste jüdische Waisenhaus in Fürth am Gänsberg errichtet. Ursprünglich diente das Gebäude vor allem als karitative Einrichtung für Waisenkinder, in der sie nicht nur Versorgung mit Kleidung und Nahrung erhielten, sondern auch Bildung genossen. Erst durch den Neubau 1868 in der Julienstraße (heute Hallemannstraße) konnte das Waisenhaus, das später auch als Israelitisches Waisenhaus bekannt wurde, seine Türen für Kinder aus ganz Bayern öffnen, und ab 1884 durften hier auch Mädchen aufgenommen werden.

In das neue Gebäude wurde auch eine Synagoge integriert, die den Waisenkindern als Gebetsraum diente. Diese Synagoge, die zusammen mit dem Waisenhaus errichtet wurde, überdauerte die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und der Reichspogromnacht und hat bis heute Bestand.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann die jüdische Gemeinde Fürth, sich in ihrer Synagoge erneut zu versammeln. Der erste Gottesdienst nach dem Krieg fand 1945 in der Synagoge statt und markierte die Wiederbelebung des religiösen Lebens in Fürth. Auch der Wiederaufbau und die Renovierung der Synagoge nahmen ihren Anfang. Im Jahr 1967 wurde das Gebäude vollständig renoviert und mit einer Mikwe ausgestattet, die fortan als religiöses Tauchbad für die jüdische Gemeinde diente.

 

Die heutige Synagoge und die Gemeinde

Heute ist die Synagoge in der Hallemannstraße, einem dreigeschossigen Sandsteinbau, das Zentrum der Jüdischen Gemeinde Fürth. Die Synagoge, die durch den Wiederaufbau nach dem Krieg erhalten blieb, wird heute von etwa 350 Mitgliedern genutzt, von denen 100 aktiv am Gemeindeleben teilnehmen. Die Mitglieder der Gemeinde sind hauptsächlich ältere Menschen. Dennoch bietet die Gemeinde zahlreiche kulturelle und soziale Aktivitäten an, die das jüdische Leben in Fürth fördern und unterstützen.

Dazu gehören unter anderem Deutsch- und Hebräischkurse, Hilfestellung für Flüchtlinge, insbesondere aus der Ukraine, auch Hausbesuche und Sozialarbeit werden aktiv betrieben, unterstützt durch den Landesverband Bayern. Die Gemeinde arbeitet eng mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) zusammen und organisiert regelmäßig Ferienlager und Reisen für ihre Mitglieder.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Gemeindeangebots sind die Thorakurse, die zweimal wöchentlich von einem Rabbiner abgehalten werden. Besonders zu den jüdischen Feiertagen, wie zum Beispiel Chanukka, finden gemeinsame Aktivitäten mit Kindern statt. So werden unter anderem traditionelle Krapfen (Sufganiot) gebacken und im Gemeindesaal mit Musik und Gesang gemeinsam gegessen. Zu Chanukka wird zudem im Hof der Synagoge das Licht angezündet, was symbolisch für das Licht in der Dunkelheit steht – eine Tradition, die sich auch in den Lichtbögen im Erzgebirge wiederfindet, bei denen Bergleute ihre brennenden Lampen in einem Halbkreis aufhingen. Heute stellen sich zur Weihnachtszeit viele Menschen solche Schwibbögen in die Fenster.

Die Gemeinde legt großen Wert darauf, auch Menschen außerhalb der religiösen Praxis anzusprechen. So werden gemeinsame Städtereisen organisiert, etwa nach Wien, und es gibt regelmäßig Konzertbesuche oder Veranstaltungen für Kinder. Dies soll helfen, mehr Menschen, auch die säkularen Juden, für Gottesdienste und religiöse Aktivitäten zu gewinnen.

 

 

Die Rolle der Gemeinde im lokalen Kontext

Die Jüdische Gemeinde Fürth hat im Laufe der Jahrhunderte immer wieder eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt gespielt. Bereits im 16. Jahrhundert gab es eine blühende jüdische Gemeinschaft, die nicht nur religiös, sondern auch wirtschaftlich und gesellschaftlich in die Stadt integriert war. So waren die jüdischen Einwohner in Fürth maßgeblich am wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt beteiligt, unter anderem durch ihre Stifterfreude und ihre Rolle als Kaufleute und Grundbesitzer.

Im Jahr 1719 erhielten die Juden in Fürth das „Reglement für gemeine Judenschafft“, das ihnen besondere Rechte sicherte, darunter die freie Wahl des Rabbiners und den freien Bau von Synagogen. Die Gemeinde entwickelte sich zu einem wichtigen Zentrum jüdischen Lebens in Süddeutschland, und die jüdische Schule und Hochschule waren offen für christliche Lehrer und Schüler. In den Folgejahren wurde die jüdische Gemeinde Fürth nicht nur durch ihre religiösen Aktivitäten, sondern auch durch ihr Engagement in der Emanzipation der Juden in Bayern und Deutschland bekannt. Das „fränkische Jerusalem“ war geboren.

Leider wurde das jüdische Leben in Fürth durch die Verfolgungen des Nationalsozialismus zerstört. Viele Mitglieder der Gemeinde wurden ermordet oder deportiert, und die Gemeinde selbst wurde nahezu vollständig ausgelöscht. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Gemeinde unter der Führung von Rabbiner David Spiro und Gemeindevorsitzendem Jean Mandel erneut, ihre religiösen und sozialen Aktivitäten aufzubauen.

 

Ausblick und Erhaltung des jüdischen Erbes

Die Jüdische Gemeinde Fürth setzt sich weiterhin dafür ein, das jüdische Leben in der Stadt zu erhalten und zu fördern. Neben den bereits genannten Kursen und Aktivitäten soll auch das Ritualbad (Mikwe) renoviert werden, das ein wichtiger Bestandteil des religiösen Lebens ist. Die Synagoge selbst ist ein Ort der Begegnung und des Gebets, aber auch ein kulturelles Zentrum, das Führungen für Interessierte anbietet, um die Geschichte und Bedeutung der jüdischen Gemeinde in Fürth zu vermitteln. Es besteht zudem eine enge Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Franken.

 

Trotz der Herausforderungen bleibt die Gemeinde aktiv und trägt so dazu bei, das jüdische Erbe und die Traditionen in Fürth lebendig zu halten. Auch im Fürther Integrationsbeirat zeigt die Gemeinde, ganz besonders die 1. Vorsitzende Julia Tschekalina, mit verschiedenen Kooperationen und gemeinsame Aktivitäten mit der Deutsch Israelischen Gesellschaft DIG, dem Freiwilligen-Zentrum Fürth, dem Kulturamt der Stadt Fürth, der Rias (Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus ) und der Initiative christlich-jüdische Zusammenarbeit wie sich die Gemeinde zu einer Anlaufstelle für ukrainische Flüchtlinge, nicht nur jüdischen Glaubens, entwickelt hat.

 

Kontakt zur Gemeinde können Sie hier aufnehmen: Israelitische Kultusgemeinde Fürth K.d.Ö.R.