Fürther Geschichte – Treffen mit der Enkelin von Dr. Hallemann

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Frau Gabriel und Rabbiner David Zharko

Am 13. Dezember 2024 besuchte die Enkelin des Fürther Arztes und Pädagogen Dr. Isaak Hallemann, Frau Gal Batia Gabriel, die Synagoge in Fürth. Begleitet von ihrem Ehemann und weiteren Bekannten, reiste sie im Rahmen einer Europareise nach Fürth und erzählte dabei von den Erinnerungen ihres Vaters an die Familie Hallemann und das jüdische Waisenhaus in Fürth.

 

 

Dr. Isaak Hallemann hatte 1929 die Leitung der „Israelitischen Waisenanstalt“ in Fürth übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war noch nichts von den bevorstehenden Katastrophen abzusehen. Hallemann, der sich als einfühlsamer und innovativer Leiter auszeichnete, führte sofort zahlreiche Verbesserungen im Waisenhaus durch: Er sorgte für eine Zentralheizung, Linoleumböden, neue Möbel und frische Farben. Doch am wichtigsten war ihm, jedes Kind als Individuum zu behandeln. Ähnlich wie der polnische Kinderarzt Janusz Korczak, der in Warschau Waisenkinder betreute, setzte auch Hallemann auf die individuelle Förderung seiner Schützlinge. Die Uniformen wurden abgeschafft, jedes Kind erhielt einen eigenen Schrank und der Begriff „Waise“ wurde aus dem Waisenhaus-Vokabular gestrichen. Für Dr. Hallemann und seine Frau Klara waren die Kinder nicht nur Schützlinge, sondern wurden zu ihren eigenen Kindern. Dies verdeutlichte auch Hallemanns ältester Sohn, Ralf, der das Engagement seiner Eltern so beschrieb: „Unsere Eltern waren nun Eltern von vierzig Kindern.“

Bereits 1936 versuchte Dr. Hallemann, seine Schützlinge mit Hilfe des Stiftungsvermögens nach Palästina zu bringen, um sie vor der drohenden Gefahr des Nationalsozialismus zu schützen. Doch dieser Plan scheiterte an den Bestimmungen der Stiftung, die festlegten, dass das Waisenhaus in Fürth bleiben musste. Die tragischen Folgen dieser Entscheidungen wurden besonders deutlich am 22. März 1942, als Dr. Hallemann, seine Frau Klara und 33 Waisenkinder aus der Institution in das Vernichtungslager Izbica bei Lublin deportiert wurden. Das Waisenhaus in Fürth, das auf eine Stiftung aus dem Jahr 1763 zurückgeht, hatte damit sein tragisches Ende gefunden, denn Dr. Hallemann, seine Frau und die Kinder wurden in Izbica ermordet.

Zwei der Kinder, Raphael Halmon und Judith Hallemann, konnten jedoch nach Israel fliehen und überlebten. Die Erinnerung an Dr. Isaak Hallemann und das jüdische Waisenhaus in Fürth bleibt bis heute lebendig. In Fürth sind sowohl eine Straße als auch eine Schule nach ihm benannt, um sein außergewöhnliches Engagement für die Waisenkinder und sein tragisches Schicksal zu würdigen.

Gal Gabriel, Tochter von Raphael Halmon, besuchte die Synagoge und Gemeinde und erzählte von ihren vorherigen Besuchen in der Stadt Fürth, aber auch von Gesprächen, die sie mit Ihrem Vater und ihrer Tante Judith über das alltägliche Leben im Waisenhaus führte. Nach einem Rundgang und einem Gebet zu Gedenken der Toten führte der Weg in die Allzweckräume der heutigen Gemeinde. Hier wurde bei jüdischem Zitronenkuchen und koscherem Gebäck ausgelassen weiter geplaudert. Frau Gabriel konnte sich hierbei über die Überreichung mehrerer Andenken freuen. Von der Künstlerin Corinna Smok erhielt sie einen Druck ihres Gemäldes, welche die Fürther Synagoge und die Familie Hallemann darstellt. Vom BaFID erhielt sie einen Interreligiösen Kalender für das Jahr 2025.